(weil der Weg als kinderloses Paar das Ziel ist und was passiert, wenn das Fellkind zum Pubertierchen wird)
Es ist Zeit vergangen. Zeit in der so vieles geschehen, Schlimmes auf uns eingeprasselt und sich dennoch alles irgendwie zurechtgerückt hat…
2018… es begann für uns schon im Januar mit einem Schock. Mein Papa hatte einen Herzstillstand, er musste reanimiert werden, lag im künstlichen Koma und er hatte wohl nicht nur einen Schutzengel in Form eines Arztes im Restaurant der sofort zu Hilfe kam und blitzschnell und bestmöglichst reagiert hat. Nein auch der Inhaber des Restaurants Chaplin in Regensburg hat geistesgegenwärtig reagiert und sein Bestes dazu beigetragen… so wie noch einige andere Helfer, wie uns erzählt wurde. (Wir waren selbst nicht vor Ort)
Er hat gekämpft wie ein Löwe und er hat sich zurückgekämpft ins Leben… Dieses Leben, welches doch immer wieder die verrücktesten Momente für uns bereithält.
Wir haben in dieser Zeit Erfahrungen gemacht auf einer Intensivstation die für mich die Dinge in ein völlig neues Licht gerückt haben. Wir haben in der ganzen Zeit nicht einmal einen „weißen Kittel“ vorbeihetzen, unter Zeitdruck oder ungeduldig erlebt. Nein wir haben in unserer Universitätsklinik in Regensburg auf der Intensivstation 93 für uns echte „Helden“ kennengelernt. Ich muss hier mal ganz klar ausdrücken, dass wir es kaum glauben konnten mit welch einer Ruhe und Seelsorge wir dort als Angehörige empfangen und betreut wurden. Und diese Ruhe und Geduld hatten diese Menschen jeden einzelnen Tag mit uns und auch mit allen anderen Menschen, die das Schicksal und den Schmerz mit uns teilten. Sie hatten jederzeit ein offenes Ohr für unsere Sorgen und unsere Fragen, sie haben uns wirklich alles bis ins kleinste Detail erklärt und das bei Bedarf auch immer wieder. Wir haben uns, auch wenn das jetzt seltsam klingen mag, wohl gefühlt dort. Wir haben uns aufgehoben und verstanden gefühlt, denn für uns stand die Welt still, die sich dort draußen so unbarmherzig und unaufhaltsam weitergedreht hat. Deine Mama zu sehen, am Boden zerstört vor Sorge und Angst um ihren liebsten Menschen, das bricht dir als Kind fast das Herz. Mein Mann hat uns in dieser Zeit aufgefangen, er hat alles organisiert, er war unser Dreh- und Angelpunkt. Er hat mir so viel Liebe, Stärke und Kraft gegeben und er hat mich so stolz gemacht, dass Er der Mann an meiner Seite ist. Und wie es eben immer ist, in diesen Zeiten erscheinen Menschen an Deiner Seite, manche verschwinden ganz einfach sehr, sehr leise von der Bildfläche. Das tut wahrlich weh, sehr weh sogar, aber dafür tun sich andere, neue Verbindungen auf. Verbindungen die einen anderen, neuen, wunderbaren Wert haben, die sich vertiefen und die Balsam für die Seele sind. Menschen die unseren Weg innig begleiten, mit uns fühlen, mit uns weinen, mit uns lachen… Freunde!
Und dort, auf unseren Warte-Stühlen am Gang, am Bett meines Papas, zwischen all den Pflegekräften und Ärzten, dort waren wir entschleunigt, geschützt und behütet und wir fühlten uns so verstanden und in Watte gepackt, was der Seele ganz einfach gut getan hat. Dort waren Menschen, die mit ihrem Humor, ihrem unaufhörlichem Optimismus, ihrer Empathie für unsere Situation und ihrem medizischen Know-How unsere Tage etwas heller und unser Befinden erträglich gemacht haben.
Ihr habt uns gefangen als wir im beängstigenden freien Fall Richtung Unten waren und dafür möchte ich Euch meinen allerherzlichsten Dank, meinen tiefsten Respekt und meine größte Bewunderung aussprechen. Und ich möchte das nochmal ganz deutlich machen, dass es eben nicht selbstverständlich ist, auf einer Station zwischen Leben und Tod, zwischen Hektik und Handeln noch diese intensive Zeit und diese liebevollen Worte für die Angehörigen zu finden. Ihr habt menschlich und medizinisch eine großartige Arbeit geleistet und wenn ich heute meinen Papa anschaue, wenn er quietschfidel den Rasen mäht, mit den Nachbarn am Gartenzaun quatscht, sich an seinem Fell-Enkelkind erfreut und sich in besten gesundheitlichem Zustand befindet, dann können wir nur DANKE sagen!
Ja die Welt hat sich weitergedreht. Auch für uns… Das Thema „Leben ohne Kind“ ist nach wie vor da, Freunde, Bekannte, Kollegen… alle bekommen Kinder. Gerade dieses Jahr ist es irgendwie wie verhext oder soll ich sagen doch eigentlich ganz normal? Da bleibt es nicht aus und es muss mal wieder dringend sein… Man muss sich seine Gedanken machen… also ließ ich mal wieder meinen Gedankenzirkus losziehen. Tut es weh wenn andere Kinder bekommen? Ich bin mir tatsächlich nicht ganz sicher. Nein wenn wir nicht näher darüber nachdenken, denn es ist eben alles wie es ist und es ist gut so, aber ja wenn wir uns bewusst in diese Spirale ziehen lassen, dann kann man sich in einen „Schmerz“ hineinfühlen… Die Frage ist: Möchten wir das? Manchmal vielleicht schon? Manchmal wollen wir uns doch fragen, Warum Wir?, Was haben wir verbrochen?, Wären wir keine guten Eltern?, Warum bleibt uns das große Elternglück verwehrt?, Warum, Warum, Warum…
Aber haben wir nicht festgestellt, dass es uns in dieser Abwärtsspirale nicht gefällt, war sie nicht ungemütlich, karg, farblos, nichts woran man länger festhalten möchte?
Also ist es doch viel wichtiger sich über die fabelhaften, bezaubernden, weltverändernden Momente zu freuen, die uns das Leben schenkt.
Momente, Erfahrungen, Freuden die einzig und ganz alleine für uns kinderlose Paare bestimmt sind! Es ist doch immer so, man möchte gerne das was man nicht hat, so denke ich ist es oft im Vergleich von Eltern und kinderlosen Paaren. Und das es schön ist Kinder zu haben möchte ich auch gar nicht in Frage stellen, aber (es werden die meisten Eltern nicht zugeben wollen) das Leben vor den Kindern, das Leben mit dem Partner, die Zweisamkeit, Zeit für noch mehr Zweisamkeit ;-), die Freiheit sich zusammen wie Teenies zu fühlen, sich zusammen Donnerstag Abend ein Kygo Konzert reinzuziehen, die Urlaube außerhalb von Ferien und Kinderhotels, die Orte an die man mit Kind und Kegel einfach nicht reisen kann… Ja das ist auch beneidenswert! Das Leben frei von Windeln, Fläschchen, Schreiattacken, Kinderkrankheiten, Druck schon im Krabbelalter, Druck im Kindergarten, Druck in der Schule, Druck was macht mein Kind später, was wird aus ihm… Das Leben frei davon ist auch schön, und es nicht einfach nur schön, weil das andere nicht sein soll, sondern es ist schön, weil es genauso genussvoll, lebenswert, vollgepackt mit Liebe und Zuneigung ist als mit Kind. Ich denke das Thema „ungewollt kinderlos“ hat in der heutigen Zeit einen großen Stellenwert eingenommen und es muss uns klar werden, wir Paare ohne Kinder sind genauso zu beneiden wie die Paare mit Kind. Ich habe schon oft von Müttern gehört, dass sie das große Glück erst mit Geburt ihres Kindes empfinden können… steinigt mich, aber ich finde und fand solche Aussagen schon immer etwas traurig. Ein Kind kann doch nicht das einzige sein, das mich Glück empfinden lässt oder sehe ich da etwas falsch? Ja ich weiß, ich kann ja gar nicht mitreden, aber ups ich rede eben doch mit, denn ich kann Glück sehr gut empfinden, ganz einfach wenn mich mein Mann in seine Arme schließt, wir zusammen in der Badewanne liegen, wenn wir ein Gläschen Wein zu einem sensationell leckerem Abendessen genießen, bei einer entspannten Tasse Kaffee, wenn die Natur erwacht und wenn sie im Herbst ihr Aussehen verändert, die Wärme der Sonne auf meinen geschlossenen Augen, wenn es unseren Familien gut geht, wenn wir gesund sein dürfen, wenn sich unser Fellkind zu uns kuschelt und wir 3samkeit genießen, wenn ich beim Bouldern eine schwierige Route gerockt habe und nochmal mehr wenn mein Mann stolz wie Oskar auf mich ist…. hab ich was vergessen? Ja eine ganze Menge, denn ich kann in meinem Leben so viele kleine aber feine Glücksmomente ausmachen, die picke ich mir raus und fange sie ein, halte sie fest und genieße sie… Das geht ganz wunderbar ohne Kind.
Und ich finde schon ist das Leben nicht mehr nur schwarz und weiß und alles hat eben seine Vor- und Nachteile.. Alles hat seine wunderbare Zeit und seine Anstrengungen… Uns alle begleitet Glück, Trauer, Wut, Hoffnung…. alle Facetten des Lebens und wenn es für die einen von uns schwer ist, weil kleine süße Babys zur Welt kommen und die Welt so heile aussieht, möchten andere vielleicht tauschen, weil der Leistungsdruck unter den Eltern, in Schulen und Kindergärten zermürbend ist und so wird es immer ein Auf und Ab sein und bleiben und jede Seite ob kinderlos oder mit Kind ist auf seine Weise einzigartig, schön und lebenswert.
Lebenswert und definitiv wieder an der Zeit für ein Gläschen Wein am Abend ist es übrigens auch wenn das geliebte Fellkind in die Pubertät kommt. Alle haben es uns prophezeit und doch denkst du, nein bei uns kommts schon nicht so dicke… *hust* äh ja…
Unser Toby hat sich so nach 10 Monaten fröhlich durch die Welt tapsend gedacht, jetzt wirds mal Zeit für ein bisschen Spaß… Wir haben bis heute nicht herausgefunden für wen es spaßig wird aber egal… Gerade als wir dachten, Wow es klappt alles wie am Schnürchen, vom Abruf bis hin zum Freilauf, von Hundebegnungen bis Leinenführigkeit… Ach was waren es für erfolgreiche 2 Monate… Doch dann fand das Ganze mal schnell ein Ende… Von heute auf morgen konnten wir es nicht glauben und waren glatt der Meinung jemand hat unseren Toby ausgetauscht. Leinenführigkeit? Fehlanzeige… Es sei denn Toby führt uns an der Leine, das klappt super… Andere Rüden? Ja wie soll ich es jetzt nett beschreiben… Im Moment denkt sich unser Herzchen so ca. 100 m vorher… „Den kenn ich nicht, finde ihn aber erstmal grundsätzlich doof…“ Und während Toby an der Leine mit zarten 28 kg den Superrambo raushaut hängst du als Frauchen hinten dran mit hochrotem Kopf, schwitzend und hörst dich in Gedanken schon sagen: „Der ist normal ganz friedlich…“ schluckst es aber dann doch runter und überstehst die Situation – irgendwie… Obwohl du genau weißt, dass er nur deine eigene Unsicherheit wiedergibt fällt es manchmal so schwer sich innerlich zusammenzuraffen… Bei den Mädels sieht die Sache schon ganz anders aus, da möchte man als attraktiver Junghund natürlich hin und zeigen was man so alles drauf hat… es ist ja auch zum dahinschmelzen… Er ist ein richtiger Charmeur wenn er will!
Aber wir wissen ja und haben gelernt, er kann eben manchmal nicht anders, wir lieben ihn natürlich deshalb genauso oder eigentlich doch noch viel mehr. Denn irgendwie ist es total schön zu sehen, wie sich der kleine Charakterkopf entwickelt und wie an manchen Tagen wegen Umbau geschlossen ist. Und dann sind da ja noch die kleinen Momente wo sich zeigt, was in unserem Schatz steckt und was aus der ganzen Entwicklung enstehen wird… nämlich ein Hund der einzigartig und wundervoll ist. Ein Hund der bisher noch fast jeden Menschen aus der Reserve gelockt hat und der Dir mit seinem Blick bis ganz hinein in die Seele schauen kann. Ein Hund der alles das aus uns herausholt zu was wir alleine niemals im Stande gewesen wären, ein Hund der uns mutig macht, der uns selbstbewusster werden lässt, der es uns lehrt was es heißt füreinander einzustehen und ein Hund der ganz einfach ein Geschenk des Himmels ist. Und auch wenn er uns oft an den Rand des Wahnsinns treibt und dann aber trotzdem nur von uns erwartet, dass wir gechillter werden und auch wenn er seine Doodleohren manchmal auf Durchzug stellt so weiß ich am Ende jeden Tages erneut, dass unsere Liebe zu ihm so groß ist, größer als ich es je beschreiben könnte… Und das er das Beste ist zu was wir uns in unserem Leben ohne Kind entscheiden konnten. Wir sprechen mit unserem Fellkind und erklären ihm all die Dinge, alles was er noch nicht kennt, wir bedanken uns bei ihm und ja wir wissen einfach dass es funktioniert! Das durften wir Gott sei Dank auch 2018 lernen… Achtung jetzt aber ganz klischeehaft… Er hat unsere Familie komplett gemacht! Klischee-Ende.
Ja so ist es, genauso, wir sind 3 Chaoten die das Leben rocken, komme was wolle, 3 Seelen die eine kleine chaotische Familie abgeben die man entweder sehr gerne in seinem Leben hat oder man möchte schreiend davon laufen… in diesem Fall, see how the rabbit runs!
Zeit nach vorne zu schauen, aber langsam voran zu gehen, der Weg ist das Ziel, denn den Weg zieren schöne Dinge die wir im vorbeijagen nicht sehen würden, lasst uns die Besonderheiten auch neben dem Weg entdecken… Machen wir die Augen auf für die kleinen und großen Glücksmomente und lassen wir sie rein… Lasst uns Platz schaffen für Gefühle, lasst uns lernen in uns reinzuhören und reinzufühlen dann werden wir für uns alle den richtigen Weg wählen…
In diesem Sinne sei dankbar, glücklich und zufrieden, wir haben alles was wir zum glücklich sein brauchen…
Danke für eure Zeit…
Eure Tante
BloggyStyle
Chapeau für diesen wundervollen Text, Deine Gedanken und den immer wieder so wichtigen Hinweis darauf, wie gut wir es doch haben, wenn wir gesund sind und Menschen haben, die einem wichtig und für die wir wichtig sind, egal, ob nun eigene Kinder, Familie oder Freunde! Ein wenig beschämt besinne ich mich gerade wieder auf das wirklich Wichtige! Vielen Dank dafür!
Franziska
Liebe Franziska vielen lieben Dank für dein Feedback! Ich freue mich sehr, das Du dir die Zeit genommen hast meine Zeilen zu Lesen! ?
Wieder mal ein wunderbarer Text, liebste Steffi. Ich freue mich, dass wir ein Teil eurer Welt sein dürfen und freuen uns schon sehr auf den Sommer, wenn es wieder Vine o´Clock ist.
Danke Sabine für deine lieben Worte! Ich schätze es ebenso sehr, dass ihr zu unserem Leben gehört! Der August kann kommen ?